[Rezension] Paper Dungeons (Grimspire)

20. Oktober 2021 0 Von moritz

Come on. Die Seifenkiste habe ich neu belebt, da sollte es doch nach drei Jahren ein Kinderspiel sein, auch wieder im Brettergymnasium zu lehren. Den Start macht traditionell eine Rezension – und zwar zu meinem aktuellen Lieblings-Roll&Write Paper Dungeons. Extra für @nurdertim! Hmmm… Sehr schade, dass der Untertitel „Dungeon Scrawler“ nicht gut zu übersetzen war, aber hey, Sprache ist einfach ne fiese Angelegenheit.

Lets-a go!

Das Cover
  • Verlag: Grimspire (im Original: MeepleBR)
  • Autor: Leandro Pires
  • Illustrator: Dan Ramos
  • Preis: ca. 20 Euro
  • Alter: 10+
  • Spieler: 1-8
  • Dauer: 30 min
  • Genre: Roll&Write, Dungeon, Fantasy
  • BGG-Ranking: 3086

Aufmachung

Kleine quadratische Schachtel, Drache auf dem Cover, der Claim „Erkritzle dir unsterblichen Ruhm!“. Ich fühle mich abgeholt. Alles richtig gemacht. Nach dem grauenhaften Reinfall mit einem vergleichbaren Konkurrenzprodukt bin ich zwar etwas vorsichtig, aber hey, ich darf mich durch einen Dungeon würfeln und mich unsterblich machen. Außerdem scheint es solo spielbar zu sein. Ist gekauft.

In der Schachtel erwartet mich ein ganzer Block mit zu bespielenden Dungeonkarten, dazu kommen 6 spezielle Würfel (alles ist besser mit speziellen Würfeln)12 Bosskarten, die Anleitung, ein Stapel mit allgemeinen Auftragskarten, einer mit persönlichen Auftragskarten und einer mit Fähigkeitskarten. Außerdem scheinen die Hersteller noch ihre Praktikaten in ein großes schwedisches Möbelhaus geschickt zu haben, denn es liegen noch 8 kleine Holzbleistifte bei. Es kann also direkt losgehen ohne irgendwo auf die Suche nach Stiften zu gehen. Das mag ich ja.

Die Illus liegen in Qualität und Geschmackssicherheit irgendwo im Bermuda-Dreieck zwischen Brettspiel, Comic und Rollenspielprodukt – da habe ich mich bei Brettspielen schon weniger heimisch gefühlt. Da kann ich so wirklich gut mit leben, seht euch die Bilder an, die ich einpflege, da werdet ihr verstehen, was ich grob meine.

Und an dieser Stelle sei schon gesagt, das erste Erklären sehr flott von der Hand geht, da die Symbole und die Aufteilung des Spielplans wirklich sehr gut gewählt sind und sich viele Elemente fast wie von selbst erklären. Gute Arbeit!

Ein Dungeon mit nicht allzu vielen Punkten

Spiel

Das Spiel ist total einfach – zumindest von der Grundmechanik her. Über 8 Runden hinweg werden je sechs Würfel geworfen, von denen die Mitspieler*innen je 3 verwenden, um auf welche Arten und Weisen auch immer den meisten Ruhm zu erlangen.

Hintergrundgeschichte ist, dass wir alle mit einer Gruppe aus 4 Held*innen (Kämpferin, Kleriker, Magierin, Dieb) durch einen Dungeon ziehen, und wer im Anschluss in der Kneipe mit den größten Ruhmestaten prahlen kann, hat gewonnen. Äh, ja. Von der Stange, aber geschenkt, ich will endlich loswürfeln!

Ich werde jetzt auf viele Nuancen und Details nicht eingehen, aber ganz allgemein bekommt ihr zu Beginn zwei Fähigkeitskarten mit coolem Stuff, den eure Charaktere machen können und zwei Karten mit geheimen Aufträgen, für die ihr zusätzliche Ruhmespunkte erhaltet. Davon wählt ihr je eine aus und legt die andere ab. Zusätzlich liegen drei allgemeine Aufträge offen aus, von denen alle profitieren können. Außerdem wird eine Dungeonkarte gewählt, die festlegt, wo zusätzliche Wände einzuzeichnen sind und wo ihr welche Bossgegner antrefft.

Wie gesagt – pro Runde darf ich drei Würfel verwenden, um Würfelaktionen auszulösen und da möchte ich euch mal kurz durch das Blatt führen, das ihr vor euch liegen habt (und das ihr etwas weiter oben sehen könnt). Okay, okay, es wäre zu schön gewesen, wenn das so einfach wäre. Manchmal zeigen Würfel einen Totenkopf, dann verliert ihr so viele Lebenspunkte wie Totenköpfe da liegen – außerdem sind diese Würfel in dieser Runde nicht weiter zu nutzen- Ärgerlich.

Oben links findet ihr die Felder für eure 4 Charaktere (und bei diesen richtet sich nach eurer Auftragskarte, welchen Charakter ihr mit welcher Würfelfarbe steigern könnt. Und steigern solltet ihr die Schlawiner möglichst schnell, denn es ist nicht unwichtig, eure Kampfstärke recht früh hochzuschrauben. Bei Erreichen der vierten Stufe erhält jeder Charakter einen coolen Bonus und bei Erreichen der 6. Stufe gibt es sogar noch 1 Ruhmespunkt gratis dazu. Achtung! Beim Steigern eines Charakters nicht vergessen, links darunter den gesamten Kampfwert der Gruppe auch hochzustufen.

Neben dieser Kampfwert- und Schadensleiste könnt ihr mit eingesetzten Würfeln Artefakte erschaffen, der erste Würfel gibt erstmal nur einen Ruhmpunkt, der zweite erschafft dann das Artefakt, mit dem ihr beispielsweise durch Wände gehen könnt oder zusätzliche Heiltränke erschafft… Auch hier ist gut optisch dargestellt mit welchem Würfel welches Artefakt gebaut werden kann und ob es ein Einmal- oder ein Dauer-Effekt ist.

Unter den Artefakten könnt ihr mit je einem beliebigen Würfel zwei Heiltränke erschaffen, die dafür sorgen, dass verlorene Lebenspunkte hier notiert werden und nicht von eurem Lebenspunktekonto abgezogen werden, was zusätzlich noch Abzüge bei den Ruhmespunkten bedeutet. Was noch cooler ist – bei jedem vierten Trank schaltet ihr eine Gratis-Zusatzaktion frei. Habe ich schon gesagt, wie sehr ich die Heiltränke liebe?

Nun gibt es noch das Hauptelement, den Dungeon. Mit einem beliebigen Würfel darf ich mich zwei Felder weit bewegen und yee-haw, es gibt einen Würfel, mit dem ich mich sogar drei Felder weit bewegen darf. Im Dungeon ist so einiges los. Fallen ziehen einen Liebenspunkt ab, manche Räume weisen auch nur einen Schatz auf wie ein Artefakt (du kannst einen Würfel bei einem Artefakt markieren) oder einen Heiltrank (den du sofort im Heiltrankfeld notieren darfst). Besonders einträglich sind aber die Kämpfe mit den Monstern, die immer mächtiger werden, je weiter du dich von unten nach oben durchkämpfst. Die Monster werden immer von einem bestimmten Charakter bekämpft. Hat dein Kämpfer Stufe 3 und das Monster Stufe 2, so besiegst du das Monster und kannst seinen Schatz einkassieren. Hat das Monster aber Stufe 4, so verlierst du einen Lebenspunkt von der Leiste (oder von den Heiltränken, wenn vorhanden), hast das Monster aber dennoch besiegt und auch sein Schatz gehört dir. Besiegte Monster werden in eine Zeile unter dem Dungeon notiert und geben zunehmend viele Punkte, aber als noch wichtiger kann es sich erweisen, möglichst viele Edelsteine einzusammeln, denn auch die kommen in eine Leiste direkt unter den Monstern und die geben aber mal Punkte, huiuiui!

Nach Runde 3, 6 und 8 gibt es außerdem noch Bosskämpfe (allerdings nur, wenn du bis dahin auch auf dem Feld vorbeigekommen bist, wo das Monster haust) – hier gilt es, eine amtliche Kampfstärke zusammenzuhaben, um den Fieslingen ordentlich heimzuleuchten. Vielleicht sogar besser als dies allen Mitspieler*innen gelingt, dann kriegt ihr nämlich noch zusätzlichen Kram wie Ruhmpunkte oder Artefakte.

Hier haben wir auch gleichzeitig den großen Pluspunkt und das große Manko des Spiels vorliegen. Da nämlich alle gleichzeitig spielen, entfällt die Downtime, was großartig ist, andererseits habe ich noch bei keinem anderen Spiel erlebt, dass in dieser Phase des gleichzeitig-Spielens so viele Fehler gemacht wurden – ich will nicht einmal schummeln unterstellen, aber es passiert einfach schnell, dass man sich hier vertut, etwas vergisst, etwas zu viel ankreuzt. Schlimm. Ich weiß echt nicht, wodurch das kommt, aber hier ist dem Chaos irgendwie Tür und Tor geöffnet. Und das ist selbst dann der Fall, wenn alle sofort ihre verwendeten Würfel oben in der Fortschrittsleiste eintragen.

Der Solo-Modus: Funktioniert genau so – mit kleinen Änderungen:

Die allgemeinen Auftragskarten geben unterschiedliche viel Ruhm, je nachdem wie früh ihr sie erledigt. Festgelegte Edelsteine verschwinden nach dem ersten und zweiten Bosskampf. Bei den Bosskämpfen gibt es keinen Ruhm für die höchste Kampfstärke. That’s it. Wenn ihr da mal mehr als 135 Punkte schafft, könnt ihr euch gerne mal melden.

Auftrags- und Fähigkeitskarten

Fazit

Paper Dungeons ist im Moment mein absolutes Lieblings-Roll&Write. Es macht wirklich so ziemlich alles richtig. Das Thema holt mich ab, es gibt Synergie-Effekte, aber keine stundenlangen Kettenzüge, die Illustrationen sind passend. Die Mechanik ist clever. Ein wirklich ausgezeichnetes Spiel mit dem einen kleinen oben beschrieben Problem des fehlenden Überblicks, für das ich spontan aber auch keine Lösung finde außer nacheinander zu spielen, aber das streckt die Spielzeit wieder enorm. Tja, wie du es machst, machst du es falsch. 😉

Wirklich absolute Kaufempfehlung für fantasy-affine Spieler*innen im klassischen Kenner*innen-Bereich.

Drei Bossmonster und die 6 Würfel

Bewertung

4,5 von 5 Stufenaufstiegen

Disclaimer: Ich habe kein Rezensions-Exemplar bekommen, darf das Spiel also ganz grauenhaft finden! Ätschi!