[Spiele-AG] Folge 1: Tower Defense und Deckscape

3. November 2017 0 Von moritz
Liebe Schüler und Freunde des Brettergymnasiums.
Wie viele wissen, leite ich an meiner „Realschule plus“ eine AG für Ganztagsschüler mit dem hochtrabenden Namen „Game Design
Dazu habe ich natürlich das eine oder andere Konzept erarbeitet – aber bisher (die AG läuft im dritten Halbjahr) hat davon keines den Kontakt mit seinem Zielpublikum überlebt. So haben wir bisher noch kein Spiel entwickelt – nicht einmal im Ansatz, aber wir haben viel Spaß gehabt, viel gespielt, viele Ideen gesammelt (und viele Hausordnungen geschrieben)…
Ich habe 15 Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 9, die meisten aus den Klassen 5 und 6. Auch die Motivationslevels sind – wie im Ganztagsbereich normal – höchst unterschiedlich.
Gestern gab es in den 70 AG-Minuten folgende Dinge zu tun:
A)
– Die meisten Schülerinnen und Schüler haben den (kurz zusammengefassten) Auftrag erhalten 40 Minuten lang ein Browsergame ihrer Wahl zu spielen und dann in 30 Minuten zu notieren, was sie an Material benötigen würden, um das als „Spiel ohne Computer“ spielen zu können und vielleicht schon mögliche Regeln zu skizzieren.
B)
– 4 Schülerinnen und Schüler haben sich in die Mitte des Computerraums gesetzt und ich habe ihnen einfach den Kartenstapel des kleinen 60 Karten-Escape-Spiels von Abacus, Deckscape, hingelegt und gesagt, sie sollen einfach mal loslegen.
Wohlgemerkt hatten die 4 sich freiwillig gemeldet, nachdem ich kurz erklärt habe, was für eine Art von Spiel das ist.
Oooooooookay – was ging also ab? Nun? Die Browserspieler legten los wie die Feuerwehr und hielten sich so gut wie möglich an meine traditionellen Vorgaben:
– keine blutige Gewalt
– kein Sex
– keine Drogen 
– keine schlechte Musik von Bushido und seinen Freunden.
Glücklicherweise gibt es auch ein Browserspiel, in dem Luftballons abgeknallt werden und „Feuer und Eis“ ist auch immer eine valide Option. Die 40 Minuten, in denen gespielt wurde, liefen wenig überraschend extrem cremig. Als es dann an die „Arbeit“ ging, wurde es schon etwas haariger, und bei Fragen wie: „Müssen wir was zu dem Spiel machen, das wir gespielt haben?“ oder Aussagen wie: „Mit meinem Spiel kann man das gar nicht machen!“ könnt ich glatt vor Wut aus der Bux springen, aber irgendwann haben dann alle Listen geschrieben, Spielbretter gemalt oder Ideen gesammelt. Wahlweise auch mal die Hausordnung abgeschrieben bis zu der Stelle, an der steht „Ich muss immer meinen Lehrer nerven“ (wenn die nicht kommt, weiterschreiben)…
Okay, hatte ich mir produktiver vorgestellt, aber es hätte auch schlimmer laufen können.
Ganz anders die Deckscape-Truppe. Die haben konzentriert und flott gespielt – meiner Beobachtung nach mit wenig Augenmerk auf die Story und stellenweise arger Bescheißerei, aber sie hatten einen Heidenspaß und haben das Teil auch irgendwie gelöst – scheinbar nur mit 5 Xen und deutlich unter einer Stunde. Irgendwie haben sie auch aus Versehen die richtige Lösung gefunden und durften sich zwei Xe streichen. Gute Leistung und – ganz ehrlich – bei zwei oder drei Rätseln haben sie sich echt cleverer angestellt als meine Nerd-Truppe, mit der ich das in meinem Keller gespielt habe.
Als dann noch am Ende der AG ein kleines Mädchen schüchtern fragte, ob sie sich das Spiel ausleihen dürfe, um es ihren Eltern als Rätsel zu geben, denn sie würden jeden Donnerstag in der Familie einen Spieleabend machen, hatte ich fast Tränen der Rührung in den Augen.
So, das war der erste kurze Bericht aus meiner AG, ich versuche mal die nächsten Donnerstag den Blog auf dem Laufenden zu halten.
Zum Abschluss habe ich noch eine herrliche Anekdote zu einem Erlebnis mit meinen Browserspiel-Regeln. Ihr erinnert euch vielleicht an die „keine blutige Gewalt“-Regel…?
Einmal habe ich festgestellt, dass ein Schüler ein Spiel mit einem Panzer spielte und überall blutige Pixel-Leichen rumlagen, habe ich mal freundlich nachgefragt, ob er sich an die Gewalt-Regel erinnern würde. Er war total entrüstet und antwortete: „Aber ich schieße doch gar nicht, ich überfahre die nur!“
Grandios, oder?